Montag, 23. Mai 2016

Wenn das Beste manchmal einfach nicht gut genug ist



Lange ist es her, dass ich an meinem Blog schrieb. Nun wäre es ja nicht so, dass mir die Themen ausgehen würden – mit Nichten. Aber manchmal ist es einfach die Zeit, die fehlt.

Ein kürzliches Schicksal jedoch möchte ich heute zum Anlass nehmen, außer der Reihe, und damit meine ich außerhalb der Geschichte um meine Miezenfamilie, einen Beitrag zu verfassen. Denn das Schicksal ging mir so sehr nahe, als wenn es mich selbst betreffen würde.

Wir alle Katzenhalter (und auch andere Tierhalter) geben jeden Tag, immer wieder auf das Neue, unser Bestes, damit es unseren Fellnasen an nichts fehlt. Und wenn uns etwas spanisch vorkommt, dann scheuen wir keine Mühen und Kosten, sie zum TA zu schleppen – zugegebenermaßen so manches Mal unter großem Protest der Vierbeiner. Sollte eine OP von Nöten sein, dann denken wir positiv, dass es unseren Stubentigern schon bald wieder gut gehen wird und alles ausgestanden ist. Nur was ist, wenn der Ausgang ein ganz anderer als der Erwartete ist?

Vor einigen Wochen musste meine Blacky in die Tierklinik, weil sie ganz schreckliche Zahnschmerzen hatte und so gar nicht mehr beißen oder gar fressen konnte. Da sie einen leichten Herzfehler hat, stellt für sie eine OP bereits ein gewisses Risiko dar. Nach einem Echo, das ergab, dass sich der Zustand des Herzens nicht verschlechtert hatte, stellte sich mir die Frage gar nicht, ob sie die OP auch wirklich schaffen würde. Ich war bei der Untersuchung dabei, hatte ihren Transportkorb mit einem getragenen T-Shirt von mir ausgestattet und ließ sie in der Obhut der Tierärzte. Nach etwa anderthalb Stunden wurde ich angerufen und mir wurde mitgeteilt, dass sie die OP gut überstanden hatte (es war eine schonende Inhalationsnarkose), sie zwei Zähne dichter an die zahnlose Omi war (ihr fehlen bereits drei Zähne, dessen Ausfall ich noch nicht einmal bemerkt hatte) und sie bereits fröhlich in die Runde schaute, was um sie herum so passierte. Ich war natürlich superhappy, aber ehrlich gesagt, habe ich den Ausgang auch gar nicht anders erwartet. Vielleicht gerade deswegen, weil die Erkrankung und das ganze Drumherum vorhersehbar war.


Aber das es auch ganz anders kommen kann, wurde mir vor einigen Tagen bewusst. Es gibt einfach Krankheiten, die nicht vorhersehbar sind, oder dessen Schwere erst dann sichtbar wird, wenn eine OP bereits begonnen ist. So war es auch mit dieser Miez. Die Besitzerin machte sich an den wenigen warmen Tagen, die wir bereits genießen durften, Sorgen, weil es der Miez scheinbar deutlich zu warm war. Eigentlich eine Lappalie, könnte man meinen. Und dann kam bei der Untersuchung eine erschütternde Diagnose, die man erst einmal verkraften muss. In diesem besonderen Fall ging es um eine Zwerchfellhernie. Bei dieser Krankheit handelt es sich um ein Loch im Zwerchfell, was sich für die darunter liegenden Organe gefährlich darstellen kann.

Gleichzeitig erfährt man jedoch, dass eine OP lebensrettend wäre. Sofern man dann wieder einen klaren Gedanken fassen kann, kommt im nächsten Schritt das Spiel zwischen Hoffnung, Angst, der Frage, wie man die Kosten wuppen soll, usw. usw. – und genau dieses Spiel wechselt sich über die nächsten Stunden ab, gepaart mit Unmengen an Tränen, die glatt den Goldfischteich im Garten füllen könnten.
Wichtig ist letztendlich aber nur, dass dem geliebten Fellpopo geholfen werden muss – egal, um welche Krankheit es sich handelt und wie auch immer die Hilfe funktionieren soll.

Dies haben wir als Gruppe auf die vielfältigste Art und Weise getan und wir haben dabei unser Bestes gegeben, so wie auch die Miezenmama. Ein OP-Termin war schnell ausgemacht, nur wenige Tage später sollte diese bereits stattfinden. Alles war geregelt und nun blieb nur noch, die mentale Unterstützung zu bieten. Niemand stellte es auch nur ansatzweise infrage, dass die kleine, wunderschöne Maus es nicht schaffen würde. Niemand hätte je nur einen Gedanken daran verschwendet, dass alles anders ausgehen könnte, wie es erwartet wurde. Denn eine OP kann doch das Leben retten und alles wird wieder gut. Und genau das ist der springende Punkt, den wir uns immer wieder vor Augen führen müssen: KANN, aber muss nicht immer zwingend.

Und genau dies war der Fall. Während der OP stellte sich heraus, dass die Erkrankung angeboren, das Zwerchfell bereits mit der Leber verwachsen war und somit die OP zu einem Risiko wurde. Vielleicht hätte ein vorheriger Ultraschall Aufschluss geben können, vielleicht aber auch nicht, denn die Röntgenbilder sprachen bereits eine eindeutige Sprache. Letztendlich verlief die OP dennoch gut, aber der kritische Teil stand noch bevor – die Aufwachphase. An dieser Stelle lassen wir uns nur allzu gern dazu hinreißen, diese zu unterschätzen. Ich gebe zu, ich spreche mich da keineswegs von frei. Warum sollte jetzt auch noch etwas schief gehen, die OP ist doch prima verlaufen? Jetzt nur noch eben schnell wach werden und dann ist alles chicco. Aber so einfach ist es manchmal halt nicht – auch nicht in diesem Fall. Im Gegenteil, hier stellte sich erst heraus, wie stark der kleine Körper tatsächlich ist und wie gut er den schweren Eingriff wirklich verzeihen würde. Um es kurz zu machen und Euch die Einzelheiten zu ersparen: Die kleine Maus wurde in dieser Zeit, in der von den Ärzten wirklich alles versucht wurde, ins Regenbogenland abberufen. Dass wir alle geschockt und unendlich traurig waren und noch sind (allen voran die Katzenmama), muss ich sicher nicht genauer erläutern. Uns wurden die Grenzen des Möglichen und die Endlichkeit des Lebens vor Augen geführt – und dies nur allzu deutlich und in einer so erschreckenden Art und Weise, dass wir uns nur machtlos fühlten.

Nun könnte man noch darüber sinnieren, ob man es mit der OP besser hätte sein lassen sollen. Eine Frage, die sich sicher jeder Tierhalter in solch einer Situation stellen würde, und genauso plagen einen Selbstvorwürfe und Schuldgefühle – das ist absolut menschlich und nachvollziehbar. Die Antwort kann jedoch ganz eindeutig nur „Nein“ lauten. Denn zum einen wären die Aussichten ohne OP noch schwärzer gewesen, zum anderen kann niemand von uns hellsehen und somit auch nicht den Ausgang absolut voraussagen.


Warum ich dies so ausführlich schreibe, werden sich jetzt vielleicht manche fragen. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach und gleichzeitig ein Anliegen, das ich jedem von Euch mitgeben möchte:

Versucht alles Menschenmögliche, Eurem geliebten Tier die Chance auf ein gesundes und glückliches Leben zu geben, denn immerhin ist es auch ein Familienmitglied. Lasst nichts unversucht, scheint die Durchführung auch noch so schwierig zu sein. Habt aber bitte ebenso immer vor Augen, dass es manchmal doch Grenzen in der Tiermedizin gibt und nichts selbstverständlich ist. Und wenn es dann doch vorzeitig heißt, Abschied zu nehmen, dann macht Euch bitte keine Vorwürfe, denn Ihr habt alles gegeben und unternommen, was Ihr konntet, und seid bis zum Äußersten gegangen – und genau das weiß Eure Fellnase auch.


Aber manchmal ist das Beste halt doch nicht gut genug.


Habt einen schönen Tag!

Schnurrende Grüße von Eurer Chrissie und der Katzenbande.

Bildquelle: Ich (Speedy und Ricky)